Geschichte
„Der Ausgangspunkt für die großartigsten Unternehmungen liegt oft in kaum wahrnehmbaren Gelegenheiten.“ Demosthenes (384 v. Chr. – 322 v. Chr.), berühmtester Redner der Antike
In den umliegenden Bibliotheken und Buchhandlungen konnte ich mich mittlerweile blind orientieren. Trotzdem war ich noch nicht recht fündig geworden. Langsam konnte ich den Mut verlieren … und wieder nichts! Wahrscheinlich würde ich im Internet mehr Chancen haben.
Die Idee war ja nicht schlecht, hatte bloß einen Haken – ich besaß keinen Internetanschluss! Blieben noch Internetcafe´s. Da kam dann schon die nächste Hürde. Ich lebte nicht in einer Großstadt, sondern in der tiefsten Provinz. Also, was sollte es, wer rastet der rostet. Weiter ging die Suche in den Bibliotheken. Ob ich jemals eine Anregung für die Herstellung eines ganz besonderen Kräuteressigs finden würde? Doch dann kam der Tag, der den Beginn eines neuen Abschnittes in meinem Leben darstellen sollte.
Genau gesagt war es der 22.10.1998, ein Donnerstag. In einer Eberswalder Buchhandlung stand im Regal ein Buch mit dem Titel „Essig- selbst gemacht“. Darin stand sehr viel zur Essigherstellung, aber das kannte ich alles bereits. Aber es gab auch ein recht unscheinbares Kapitel zur Senfherstellung im eigenen Haushalt. In viele der angegebenen Rezepturen waren Apfelessig und die unterschiedlichsten Kräutern enthalten. Und dieses besaß ich mehr als genug, denn in den beiden vorausgehenden Jahren hatte ich mich mit dem Anbau von Kräutern beschäftigt.
Allerdings beschränkte sich dieses nur auf den privaten, häuslichen Gebrauch. Hätte mich damals jemand gefragt, ob ich daran denke, später einmal Senf herzustellen, wäre ein spöttisches Lächeln noch die höflichste Antwort darauf gewesen. Der reine Zufall war es, dass ich dieses Buch in die Hand bekam. Zufall ist eigentlich oft im Spiele. Ist es jedoch wirklich immer ein Zufall? Was ist ein Zufall? Selbst der viel erwähnte Sechser im Lotto ist doch eigentlich nur das Ende einer Kette von Notwendigkeiten. Aber sind die Dinge im Leben, wo man die Formulierung gebraucht: “Was für ein Zufall..“, wirklich Zufälle?
Klar war es letztendlich Zufall, dass ich gerade in diese Buchhandlung gegangen bin und gerade an dem Tag an dem das Buch auch im Regal stand. Aber, dass ich überhaupt in eine Buchhandlung gegangen bin, war kein Zufall, denn ich habe ja etwas gesucht, bewusst, zielstrebig gesucht. In der Zwischenzeit sind schon ein paar Monate ins Land gegangen, und wenn einmal Gelegenheit ist, was wirklich nicht oft vorkommt, nehme ich gern Bücher alter Denker zur Hand. Viele alte Weisheiten, die selbst unter unsren heutigen Bedingungen nichts an Bedeutung verloren haben, findet man hier.
Über den Zufall gibt es eine Anzahl von Zitaten, aber ich glaube eines ist sehr treffend. Der römischen Dichter Ovid (43 v.Chr.- 18 n.Chr.) schrieb damals folgendes.: “Laß deine Angel nur hängen; wo du´s am wenigsten glaubst, sitzt im Strudel der Fisch.“
Im gebe zu, im Nachhinein ist alles einfach zu erklären und sind kluge Sprüche zu finden. Ich fing einfach an. Meine Mutter besaß noch eine alte elektrische Kaffeemühle, mit der ich die Senfkörner zerkleinerte. Für ein Kilogramm fertiges Senfmehl habe ich vier Stunden benötigt!!!
Erstaunlicherweise schmeckte dieser erste Senf, obwohl laienhaft hergestellt, besser als die mir bekannten Sorten. Am 30.November des gleichen Jahres begann dann eine Entwicklung, die mitunter schwindelerregendes Tempo hatte. Alle Stationen dieses Weges kann ich nicht aufzählen, denn das würde diesen Rahmen wohl sprengen.
Die ersten Testverkäufe fanden dann auf Wochenmärkten in Berlin statt. Obwohl die Etiketten im Vergleich zu heute recht primitiv anmuteten, wurde der Senf dort gut verkauft. Auf Grund dieser Erfolgserlebnisse entschloss ich mich, die Senfherstellung richtig gewerblich zu betreiben. Natürlich stellte dieses ein hohes Risiko dar, das mir auch bewusst war. Wie heißt aber das geflügelte Wort: „Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!“
Andererseits hatte ich auch nicht viel zu verlieren, denn die finanziellen Aufwendungen hielten sich in Grenzen, auch ohne die Hilfe des Staates in Form der wettbewerbsverzerrenden Fördermittel. Die erste Anschaffung bestand in einer haushaltsüblichen Getreidemühle mit der ich die Produktivität des Senfmahlens fast verzehnfachte. Problematischer war es schon, die Produkte auch zu verkaufen. Neben der Direktvermarktung nahmen auch die ersten Geschäfte und Gaststätten meinen Senf in ihr Sortiment auf.
Interessanterweise kam bereits in den ersten Monaten nach Geschäftsgründung ein Kontakt in die USA zustande. Aus dem groß angekündigten Riesengeschäft wurde in der Folgezeit aber dann doch nichts. Insgesamt haben nachher 216 Gläser den Besitzer gewechselt. Aber ich habe damals wenigstens das Geld dafür bekommen. Übrigens handelte es sich um den damalig weltgrößten Internetanbieter von Senf.
Die erste, wie sich dann herausstellen sollte, größere überregionale Aktion war die Internationale Grüne Woche in Berlin im Jahre 2000. Im August 1999 überredete ein Kölner Unternehmensberater, mich bei dieser Messe zu bewerben. Nach längerer Überlegung, stand mein Entschluss fest, ich nahm diesen Vorschlag an. Ausschlaggebend war auch die Tatsache, dass ich für die Teilnahme öffentliche Zuschüsse erhielt, sprich Fördergelder. Ein teures Unterfangen war es sowieso allemal, obwohl ich die richtigen Ausmaße später vor Ort erst richtig mitbekam.
Klar kannte ich die Grüne Woche, allerdings nur den Namen nach. Noch als Kind war es zu DDR- Zeiten so etwas wie das Sinnbild von Schlemmerei gewesen.
Um es kurz zu machen, meine Bewerbung wurde berücksichtigt, obwohl ich ehrlich gesagt nicht daran geglaubt hatte. Schon alleine die Teilnahme an diesem Spektakel, was mich in jungen Jahren in den Bann gezogen hatte, war ein Riesenerfolg. Der Januar des folgenden Jahres kam schnell. Ich hatte im Prinzip „Null-Ahnung“ wie das alles ablaufen sollte. Die primäre Frage – Stand-Gestaltung. Aber in dieser ersten Bewährungsprobe für das junge Unternehmen wurde ein Konzept geboren, was sich dann in den Folgejahren als das Firmenkonzept etablieren sollte.
Obwohl ich sowohl Ökonomie als auch BWL kurz nach der Wende studierte erfolgen die meisten betrieblichen Entscheidungen aus dem „Bauch„ heraus.